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Che Faro
Was mache ich heute?
Juli 2007
Che farò senza Euridice, che farò senza il mio ben', dove andrò...
Daher? Ja, daher kommt das Che faro, diese Arie wollte ich unbedingt singen können. Und Bach auf dem Klavier spielen. Und Satie. Und Blues… Zu all den Unds langt das Leben ja nicht, selbst wenn ich nur noch übte. Es langt auch nicht, weil ich ja schreiben will. Nach dem Forum in Berlin/Rheinsberg möchte ich unbedingt wieder schreiben, nach diesem Forum mit seiner unüberschaubar vielen Arbeit, bis hin dass in alle Werkstatträume Filsstifte und Papier hingetragen sind. Aber - dieses 6. Autorinnenforum in Berlin und Rheinsberg war aus vielen Gründen sehr schön: ein Festtag im Literarischen Colloquium in Berlin, am Wannsee, Sonne, so viel Lachen und Leichtigkeit, so viel Klugheit und Diskussion, eine engagierte Marlene Streeruwitz, ein so gut Verstand an Herz arbeitendes Team - und die Möglichkeit von den eigenen Fußspitzen aufzuschauen und andere Lebensentwürfe von Schriftstellerinnen zu begreifen. Und: aufzublicken, den glänzenden Wannsee zu sehen, aufzublicken und anderen neugierigen Augen zu begegnen.
Und Rheinsberg. 60 Autorinnenlesungen, 60 mal 60 Sekunden, in denen von der Unbill beim Essen eines Hotdogs erzählt wird, von Chinesen in Hongkong und wie sie Lift fahren, von Hunden, die ausgeführt und lieber einmal alleine ausgehen möchten,. von Nachtigallen…..60 mal 60 Sekunden Abenteuer, Lust und Können. Ein so reiches Programm, Werkstätten mit engagierter Arbeit, Lachen und Diskussion - und zum Staunen dann der Abend, an dem die Arbeitsergebnisse aus den Werkstätten im Schlosstheater zu Rheinsberg vorgestellt wurden: dass so viel möglich sein würde, auf hohem Niveau, das hatte sich kaum eine der Organisatorinnen vorstellen können.
Rheinsberg auch, die warmen Nächte draußen, mit Blick auf den See, das Schloss, den Platz zwischen Ratskeller und Musikakademie, mit Lachen und Gin Tonic, mit neuen Plänen und kleinen privaten Träumen.
"Warum hält niemand die Herzen und die Radikalität der Droste und der Dickinson aus?
Kennen Sie das? Dass jemand Ihre Radikalität und Ihr Herz nicht aushält? Dass Sie es ahnen und sich zurücknehmen mit all dem, was da ist? Ich bin fast sicher, dass Sie es kennen." Das fragt mich eine Schriftstellerin, eine, die auch in zwei Ländern lebt, rennt, subversive und radikale Poesie/Literatur schreibt und anderen zu Gehör bringt, und von erfundenen Welten erzählt. - Ja, das kenne ich, dass ich zu allen Zeiten, in jedem Alter, von kleinauf überall zu viel war: und sei es, dass ich zu viel liebte, zu viel schwieg, zu viel tat, zu viel zuließ, zu krank war als Kind, zu klug war, zu viel sah, zu viel dachte, zu viel schrieb, zu laut lachte, gar nicht lachte. Immer zu viel, also fast immer musste ich mich portionieren, zurücknehmen, ein bisschen mich zeigen, das andere verstecken, nett sein, zuhören, verstehen; mich aufteilen. Gar versprechen, dass ich viel weniger sei, passend weniger liebte und wollte, passend sprechen und schweigen. Passend. Niemand verletzten, leise sein, zurückhaltend. Good guy. Verstehen.
Was mache ich heute? So viel Nacharbeit für Rheinsberg gibt es. Und sei es, das Arbeitszimmer endlich aufzuräumen, das Gewohnte wegräumen, neu den Blick von den Fußspitzen heben oder die Blicke aus dem Himmel holen, in den Spiegel schauen: Anschauen. Einen neuen Schritt tun: c'era un legame. Perche c'era quel legame. Anfangen zu schreiben. Eine Erzählung. Jede Seele hat einen Klang. Aber höre ich den der anderen? Und: kenne ich meinen Ton?
J.