J. Monika Walther
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Che Faro - Was mache ich heute?

August 2010

Che farò senza Euridice, che farò senza il mio ben', dove andrò...

Ist Liebe messbar, Zuneigung? Ein Schmetterling ist zu vermessen, Spannweite, um der Exaktheit der Messung wegen, muss der Schmetterling sterben. Dafür wissen wir dann, dass der schwarze Schmetterling eine Flügelspannweite zwischen 55 und 75 Millimeter erreicht. Vieles ist zu quantifizieren, zu vermessen, zu wiegen. Beim Bewerten der Ergebnisse wird es dann schon schwieriger. Aber ist Liebe, Würde, Erbarmen messbar? Und lässt sich auch die Herzlosigkeit, Erbarmungslosigkeit quantifizieren? Und selbst wenn, schützte das irgendwen? Und selbst wenn - dann träumten wir doch weiter den Traum vom Unmöglichen. Zu lieben, reich zu werden, zu schweigen, Natur zu finden. Die Nordsüdwand des unbekannten Kampulargebirges zu erklimmen; die frostfeste dunkelblaue Rose zu züchten; auf einem fliegenden Teppich, einem Zauberteppich, durch den Himmel zu fliegen; zu berechnen, wie hoch und wie tief die Unendlichkeit hinter unserem Universum ist und hinter allen schwarzen Löchern und hinter der Unendlichkeit unserer Endlichkeit. Andere Menschen und deren Berechenbarkeit in Statistiken auszudrücken.

Einige glauben, alles sei durch die Menschen machbar, der Mensch und seine Seele zu vermessen und dennoch verdursten Kinder, verhungern Afrikaner und sterben an Giften neben ihrer Arbeit für die spätkapitalistischen Europäer. Dennoch toben Orkane, versinken Landstriche im Wasser, verdursten Menschen in Küstenregionen, gibt es jeden Tag neue Kriege, neue Verbrechen gegen die Menschlichkeit.

Und einige Menschen können nicht glauben, dass sie Verantwortung für ihr Leben und Handeln tragen; dass zwar die Quälereien, Dummheiten und Machtansprüche des Spätkapitalismus unser Leben beeinflussen, dass es aber keine finsteren Mächte sind, sondern Nachbarn, gewählte Bürger in den Rathäusern, andere Menschen, die bereitwillig und zum eigenen Vorteil und zum Schutz der eigenen Dummheit, den Systemen dienen. Und nicht wenige von den Systemdienern, ob angestellt oder marodierend, freie Kapitalisten oder Bankenhändler handeln ohne jedes Verantwortungsgefühl, ohne Gefühl für andere und die Gesellschaft, aus Hass, aus Dummheit, aus Schlamperei, aus Geldgier, aus Machtgelüsten, zum kleinen und großen eigenen Vorteil. Kleines Beispiel: Pressekonferenz wegen der Loveparade 2010: Die Mikrofone werden auf den Tischen hin- und her geschoben: das ist keine Frage, die die Polizei betrifft, dazu kann ich nichts sagen, das ist außerhalb der städtischen Verantwortung, dieses Detail kenne ich nicht: Wachsgesichter, dumme Politiker, schweigende Verwaltung, Gier, Verantwortungslosigkeit bis ins kleinste Detail -

Lassen sich Möglichkeiten messen, abschreiten, einschätzen? Kann die Vernunft etwas richten? Der Verstand? Messungen, Berechnungen? Können wir vernünftig handeln? Ja, manchmal über die Schmerzgrenzen hinaus, manchmal sogar aus Liebe. Und dann – siegt wieder eine Sehnsucht, den Schmetterling zu vermessen, alle Flaschen auszutrinken, mit Blutdiamanten zu handeln, Öl aus dem Meer zu schöpfen, auszubeuten, zweitausend Todesurteile heraus zu brüllen, zu erniedrigen. In dieser Spannung müssen wir leben, die müssen wir aushalten.

Die Erde ist aus dem Himmel geschaffen und die Lüge hat kein Geheg - Diesen einen Satz jetzt gegen all die vielen Wörter.

Und: Leere Bücher. Sie sind voll zu schreiben. Leere Leinwände. Leere Notenblätter. Oder um die Sängerin und Autorin Manja Präkels (Singender Tresen) zu zitieren: Mensch, das Gute liegt immer in der Zukunft, glaub mir.

Was wünsche ich mir? Ich erhielt eine Karte aus dem Brainforest. Ich wäre nicht darauf gekommen, mir einen Gedankenwald zu wünschen, nach dem Wunschbaum – aber gut so.

Was tue ich heute: Nachdenken, ohne zu wissen über was. Das beruhigt sehr.

Und: Wen man eine Identität erfunden hat, die jemandem gehört, wen muss man dann töten, sich oder den anderen, wenn davon das Weiterleben abhängt? Die nächste Erzählung und dann endlich die übernächste Erzählung, in der die Einwohner eines kleinen Dorfes ihre Häuser verlassen, sie gehen alle zusammen weg, leben woanders weiter.

In Schweden hörte ich Elchkühe rufen und Kraniche singen, fuhr über viele Brücken, erfuhr viel über das Leben in Smaland, über die Malerin Lotte Laserstein, über zwei Schriftstellerinnen, über das Glasreich und über die „Auswanderer“. Meinen Dank an Melsene Laux, die mir ein Zimmer in Langasjö gab.

Jay