J. Monika Walther
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Was mache ich heute?

März 2014

Che farò senza Euridice, che farò senza il mio ben', dove andrò...

2013 – das war ein schnelles Jahr. Lange fiel Schnee, war es draußen still. Ostern in Weiß. Von Januar bis Mai schreiben an dem Hörbuch: „Und alles lebt, was einst mit mir hier lebte - Westfälische Heimat – Jüdische Nachbarn“. Von Mai bis Silvester jeden Tag Schreibarbeit an dem Roman „Himmel und Erde“. Erscheint im Herbst. Eine neue Schlachtbeschreibung, diesmal im Westfälischen und entlang der Wasserstraßen. Rotterdam, Duisburg. Bis nach Ventspils und Riga. Verbrechen und Handel kennen keine Grenzen, weder die der Länder noch der Moral.

2013 - im Laufe des Jahres begreifen, welche Muster von Kindesbeinen mich umtreiben und oft genug einen den Weg wählen lassen, der in den Schmerz führt, viel Umweg ist, viel Kraft und Zeit verbraucht hat im Lauf des Lebens. Im Laufe des Jahres auch lernen, dass Älterwerden nicht nur dazu führt, klüger zu sein, sondern die Malaisen sich beharrlich mehren. 2013 wurde auch sehr deutlich, dass „Das Leben etwas ist, das passiert, während man damit beschäftigt ist, andere Pläne zu schmieden.“ So, oder so ähnlich sagte dies John Lennon. Lang ist es her, dass ich Beatlesplatten hörte, sparte, um eine von diesen schwarzen Scheiben nach Hause tragen zu können. Da studierte ich schon in Münster. 2013 ging es also auch darum, nicht ins Vergangene zu starren, nicht Zukunft zu verplanen, sondern Wünsche zu fühlen und die Sehnsucht im Heute zu lassen. Ich hatte mir ein langsames Jahr gewünscht, aber die Tage von 2013 vergingen buchstäblich wie im Flug. Nur der Januar war langsam und die Tage in der Bretagne, in der Guérande. Und alle Zeit im Schreibhaus am Lauwersmeer.

Politisch bereitete sich deutlich vor, was nun mit Gewalt überall auf der Welt sichtbar wird, noch mehr Kriege, Umstürze, auch Verteilungskämpfe, Diktaturen und Lagersysteme, Abschottung und Ängste, Verschiebebahnhöfe für Flüchtlinge aller Art (wehe, wer wegen Hunger und Armut flieht), maßlose Vernichtung von Menschen, die zu Feinden erklärt werden, Religionskriege und Auseinandersetzungen längs der alten Land- und Machtverschiebungen, die das Ergebnis des 1. Weltkrieges waren. Und längs der zeitlichen Verschiebungen und unterschiedlichen Auffassungen vom Leben und Politik.

Der deutschen Parteilinken ist kaum noch mit klarem Kopf zu folgen. Selbst eine Despotie wird unterstützt, wenn es denn für ein schnelles Schlagwort gegen die Vereinigten Staaten, gegen Israel, gegen Europa, gegen demokratische Menschenrechte taugt. Mich erinnern diese Reflexe an die Zeiten, als noch die DKP aus der DDR bezahlt wurde. Nein, dieser Linken kann nicht mehr folgen, wer gerne denkt und nachdenkt. So wenig, wie denen, die so das Grundrecht der Meinungsfreiheit in Anspruch nehmen mit den einleitenden Worten: Man wird doch noch einmal sagen dürfen, dass ... Ja, man darf alles sagen, was nicht rassistisch, diskriminierend oder sonst gegen Gesetze der Beleidigung und Verhetzung verstößt, man muss aber dann auch die demokratischen Rechte der anderen Bürger zulassen, die dürfen nämlich auch etwas sagen, und auch dass manche Leute ein ziemlich dummes Zeug schwätzen und weit von Fakten oder einem Diskurs entfernt sind, sondern gerne sich im Dumpfen bewegen.

Und jetzt dieses Jahr 2014. Beginnend mit einem Tod, fortgesetzt mit dem Aufräumen eines anderen Lebens. Fortgesetzt mit dem Sortieren von Familienfotos aus dem 19. Jahrhundert, Grenzscheinen und Dokumenten mit so vielen Stempeln, Hausakten. So viel; von dem Kind J. Monika Walther fand sich fast nichts, endlich das Original der Geburtsurkunde.

2014 – durch Tod und Krankheiten gleich ins Stolpern gekommen. Arbeiten, um Bürokratien zu befriedigen; um sich schauen und darüber lachen, dass ich mich mein Leben lang für Autorinnen, Frauen, Frauenrechte engagiert habe – und wer sind auf einmal die verlässlichen Freunde: einige wenige Männer und einige wenige Frauen, für die ich mich nicht engagiert habe. Nur kennen gelernt, nicht gezappelt: Hab mich lieb – piep piep. Bleibt also die Frage: Wie will ich (noch) leben? Was kann ich noch tun, ohne mich abzappelnd zu verwickeln?

Draußen wird es langsam grün und gelb, die Anemonen und ersten Tulpen.

Drinnen geht es in allem langsam. Und trotz vieler Angebote zum Veröffentlichen und Schreiben, Lesen und Diskutieren möchte ich lieber an den Gedichten und an der Weltenrandnovelle arbeiten.

Was wünsche ich mir? Gewünscht habe ich mir, dass es in der geliebten Familie mehr Gesundheit gäbe, aber so ist es nicht, so wird es auch nicht mehr, also Freude über jeden Tag, an dem noch etwas geht, wo noch gelacht wird.

Was wünsche ich mir noch: Dass der Klagenfurter Verlag Orange Cursor www.orangecursor.com einen guten Platz mit seinen Ebooks und Hörbüchern findet. Ich freue mich, dass ich dort mit drei Titeln gut aufgehoben bin: dem Kriminalroman Goldbroiler oder die Beschreibung einer Schlacht, mit dem Gedichtband Windblüten Maschendraht und dem Erzählband Sperlingssommer. Als Buch/Print ist die Prosa beim Geest Verlag erschienen.

Was tue ich? Das Schreibhaus in Fryslân wird renoviert. Der Garten wartet. Rosenbüsche werden gesetzt. Und ich schreibe -

Und: „Trunken und beflügelt losgezogen ....“ Die große deutsche Dichterin Helga M. Novak ist gestorben. Noch einmal ist sie losgezogen. Trunken und beflügelt sah und schrieb sie sehr klar.

Jay