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Che Faro
Was mache ich heute?
April 2002
War Freud je in einem Freudenhaus? Mit Sex Geld zu machen, ist eine Sache, Geld zu haben und es im Freudenhaus auszugeben die andere. Gutund üppig auszugeben. Freude zu haben und Freude zu schenken. Nicht der Fünfminutenfiffi mit heruntergehandeltem Tarif - die Notfreude, also wenig Geld und wenig Freude, aber doch Orgasmus, irgendwie. Hingemuddelt. Geht ja irgendwie.
Mit siebzehn habe ich die beiden Pudel einer älteren Dame in Amsterdam ausgeführt. Einer Dame, die Herrschaften empfing und gut Geld verdiente. Schön fand ich diese Dame. Meinen vierzigsten Geburtstag habe ich in Frankfurt in einem Rotlichtlokal gefeiert, Kuchen mit vierzig Kerzen mitgebracht, ein paar Freunde, eine der Frauen tanzte ziemlich nackt und bloss, war schön nackt, schön rot, Kuchen gut, war schön. Einen Tag später geschah dann die schöne grosse ordentliche Geburtstagsfeier mit Frank Wolff am Cello und anderen Musikern, Musikerinnen, Tanz und Buffett: Frankfurt eben. Die Idee, daß das Leben manchmal doch ein kleines Freudenhaus sein könnte? Oder?
Ein Haus der Freude, das finde ich verlockend. Sich hingeben, etwas weggeben, etwas geschenkt bekommen, Freude. Aber was sagt Freud dazu?
Der Krieg hört auf und ein neuer beginnt. Privat, öffentlich, immerzu, es ist nicht zu stoppen. Die Menschen, sie sind so, wir sind so, ich bin es.
Ein niederländischer Freund sagte in einer Dorfversammlung in Ee fast verzweifelt, wir müssen mit diesen Menschen es tun, wir haben hier keine anderen. Er bat seine Freunde darum, bitte nehmt zur Kenntnis, daß wir nicht irgend etwas planen können und keiner im Dorf tut mit, weil alle anders denken. Nicht gegen uns, aber eben anders. Wir haben diese Menschen. Und diese oder jene Menschen heute machen Krieg da und dorten und immer wieder. Wir können es nicht lassen. Meint es der eine gut, meint es der andere schlecht, kommt der andere alle Schritte entgegen, schiesst der eine zuerst. Ob im Freundenhaus es anders zugeht? Ein richtiges Haus der Freude - möglichst ohne Freud.
Oder doch mit ihm, damit er uns fast alles erklären kann. Na, da zitiere ich mich, das Ende einer Erzählung:
Ich wünsche mir die Fähigkeit, auf meinem Platz zu leben, keinem besonderen und an keinem besonderen historischen Ort, schon an gar keinem, der erst erkämpft, weggenommen werden müßte. Ich möchte lernen in Skizzen zu leben und für jeden geglückten Tag an meinem Ort mit meinem Glück oder Unglück, mit meinem Mut oder meiner Feigheit einzustehen.
Die mögliche Sprache der Verständigung muß nicht die Sprache sein, die ich beherrsche. Die Mühe möchte ich verwenden auf die Übersetzungen, auf die Entstehung von Langsamkeit in der Annäherung und in der Zeit, weil ich dann hoffen kann, Zeit für Zukunft zu haben.
Ganz schön moralisch. Jaja.
Na dann: Gut Schabbes und eine gute Woche. Lassen Sie Ihren Nachbarn einfach am Leben, für eine weitere Woche. Das ist schon viel, wenn er es auch tut. Und sie es tun. Und ich es tue. Fast wie Frieden, aber eben nur für diese paar Quadratkilometer.